Unsere Geschichte

"Wie kommt man eigentlich zu so einem Hobby?" werden wir immer wieder gefragt.

Nun, hier ist die Antwort... von den Anfängen bis heute. Holt euch nen lecker Tee und lehnt euch zurück, es könnte länger dauern... aber hey - ihr wolltet es wissen! ;-)

Werner und Matthias

Unsere Geschichte beginnt im Herbst 1986. Bei uns in Pforzheim fand damals zum ersten Mal der EuropaCup der Heissluftballone statt. Ich war grade im ersten Schuljahr und hatte frei, weil Bundesjugendspiele waren. An jenem Freitag Morgen schwebte nahezu das gesamte Teilnehmerfeld über unser Haus hinweg, und ich stand wie gebannt im Garten.

Mein Vater Werner war mindestens genau so begeistert wie ich, und folglich verbrachten wir jenes Wochenende auf dem Buckenberg. Nicht mal drei Wochen später machte er seine erste Ballonfahrt. Und fast unmittelbar danach kam er mit ein paar Bögen Seidenpapier an, aus denen unsere allerersten Modellballone entstanden.

Beim Europacup der Heissluftballone 1986
Links: Meine Schwester und ich beim ersten EuropaCup der Heissluftballone 1986 in Pforzheim.

Rechts: 'Miss Piggy', einer unserer ersten Seidenpapierballone. Wie das geschulte Auge erkennen kann, hatten wir schon damals einen Hang zu Sonderformen ;-)
Die erste Sonderform - Miss Piggy

Bald nannten wir mehrere der kleinen bunten Kugeln unser eigen, und einige davon ließen wir mit eingebauter Wärmequelle (Watte getränkt mit Spiritus) auf Nimmerwiedersehen entschwinden. Natürlich sind auch etliche von den Dingern abgebrannt, und natürlich hab ich Rotz und Wasser geheult, als unser allererster Seidenpapierballon in Flammen aufging.

Beim 1. German Cup der Heissluftballone, der zwei Jahre später stattfand, waren dann zum ersten Mal "richtige" Modellheissluftballone in Pforzheim. Klar, sowas musste her! :-)
Mein armer Vater hatte von nun an keine Ruhe mehr: Ich bettelte und bettelte, bis er mir rund ein Jahr später einen grösseren Ballon aus Rettungsfolie zum Geburtstag schenkte.

Ein richtiger Modellballon...
Links: Beim 1. Internationalen German Cup 1988 in Pforzheim war auch Wolfgang Denner mit seinem "FireFly"-Modellballon anwesend. Wenn er wüsste, was er damit ausgelöst hat... *g*

Rechts: Im Herbst 1989 bauten wir aus Rotkreuz - Rettungsfolie unseren ersten grösseren Ballon. Der Auftrieb reichte sogar aus, um einen kleinen Brenner samt Gasflasche zu tragen. Zumindest eine gewisse Zeit lang...
Ballon aus Rettungsfolie - Herbst 1989

Der Brenner dieses goldenen Ballons war eine handelsübliche Lötlampe, deren Regulierventil von einer kleinen Rudermaschine gesteuert wurde. Wir hatten jedoch immer Probleme mit der Leistung unseres Mini-Schweißbrenners, denn nach einiger Zeit war die Gasflasche von der Gasentnahme so abgekühlt, dass die Flamme nicht mehr ausreichte, um den Ballon zu heizen. Dass das Gas flüssig aus der Flasche entnommen und dann mittels einer Spirale verdampft werden musste, um einen gleichbleibenden Gasdruck zu gewährleisten, wussten wir damals noch nicht. Und so blieb es bei diesem Versuch...

1992 lernten wir beim German Cup Manfred Flöter kennen, der seit 1991 den Ballon der Volksbank Pforzheim fuhr. Von seiner offenen Art und seinem Humor begeistert, buchten meine Mutter und ich unsere erste Ballonfahrt bei ihm. Am 14. August 1993 war es so weit.

D-OKMF
Um 7:45 Uhr hoben wir von der Hafnerwiese ab und schwebten tief über Pforzheim. Wir konnten den Leuten in die Schlafzimmer gucken, so dicht hingen wir über den Häusern. Und wir fuhren sogar exakt über das Haus, wo wir selbst wohnten. Es war ein unvergessliches Erlebnis. Keine einzige Wolke am Himmel, kein Geräusch ausser ab und zu das Fauchen des Brenners.

Die Landung war hart, aber herzlich, wir haben eine ordentliche Schleifspur in den Acker gezogen. So wurde ich bei der anschließenden obligatorischen Taufe zum "enorm ballonbegeisterten, in früher Morgenstunde durch grosse Höhen brausenden und bäuchlings im Strohacker landenden Prinz von Gondelsheim". Uns taten die Bäuche weh - vom Lachen... :-)

Während unserem Plausch beim Landefest versprach Manfred uns Reststoff von ausgetauschten Bahnen seines Ballons, und er erzählte uns auch, dass Jan Gloß, der seit Mai jenen Jahres in einem Nachbarort von Pforzheim Ballon fuhr, selbst mit Modellballonen angefangen hatte, bevor er schließlich zum "großen" Ballon gekommen war. Das war unsere Chance.

Im Herbst 1993 begannen die Arbeiten. Sorgfältig vermaß ich jeden Fetzen Stoff, den wir hatten, Werner entwarf die Form der Hülle. Der Korb wurde aus Peddigrohr geflochten; die Gasanlage entstand mit der Hilfe und einigen Spezialteilen von Jan. Der Brenner war ein ganz schönes Stück Arbeit, wir hatten keinerlei Ahnung uns mussten uns so komplett nach Versuch-und-Irrtum durchschlagen.

Im November besuchte uns Manfred Flöter mit seiner Frau Karin. Ihr Mitbringsel für meine Schwester war ein kleiner Stoffdinosaurier. Damals lief im Fernsehen grade die x-te Wiederholung der Puppenkisten - Serie "Urmel aus dem Eis", und so hatte das Viech schnell seinen Namen weg. Es sollte noch eine Rolle spielen in unserer Geschichte...
Das Urmel

Im Januar 1994 hatten wir schließlich alle größeren Probleme mit der Technik gelöst, Korb und Hülle waren fertig, und so verabredeten wir uns mit Manfred und seinem Team, der es sich nicht entgehen lassen wollte, unseren ersten Modellballon zu taufen.

Taufe von D-OWMS
Auf einer Wiese bei Knittlingen wurde die Zeremonie dann abgehalten und unser erster ferngesteuerter Modellballon auf den Namen "D-OWMS" getauft - eine Kombination aus dem deutschen Luftfahrt- kennzeichen für Ballone, das mit "D-O..." beginnt, und unseren Initialen.

Nachdem Manfred den Korb mit ordentlich Sekt bespritzt hatte, hob unser Ballon zum ersten Mal ab in den trüben Februarhimmel, so hoch, dass ich schon daran zweifelte, ob er jemals zurückkehren würde. Aber er tat es, und so war auch die Feuertaufe bestanden.

So begann unsere Zeit mit ferngesteuerten Modellballonen. Im Oktober 1994 besuchten wir zum ersten Mal das Brigachtaler Modellballontreffen, das dort jedes Jahr um diese Zeit stattfindet. Und von da an waren wir feste Mitglieder der kleinen Modellballöner-Familie. Wir bekamen Einladungen zu weiteren Treffen, lernten mehr Leute kennen, tauschten uns mit ihnen aus und wurden mit der Zeit Teil des "harten Kerns", der bei fast allen Modellballon-Meetings in Europa präsent war.

Anfang des Jahres 1995 schließlich kamen wir zu dem Schluß, dass uns ein Ballon zu wenig war - wir waren ja zwei Piloten! Aber woher das Geld nehmen? So schrieben wir rund 20 Firmen in unserer Umgebung an, um einen Sponsor zu finden. Der Erfolg allerdings blieb aus, und im Sommer erlitt unser Hobby einen weiteren Tiefschlag.

Manfred Flöter kam bei einem tragischen Ballonunfall ums Leben. Manchmal geschehen Schicksalsschläge, die so derartig dumm zugehen, dass man's fast nicht glauben kann - das hier war ein solcher Fall. "Only the Good Die Young", heißt es - hier stimmt dieser Spruch auf jeden Fall.


Nach einigen schweren Tagen der Trauer wurde uns jedoch klar, dass wir unser Steckenpferd trotz allem nicht aufgeben wollten. Als im Herbst immer noch niemand auf unsere Sponsor - Aufrufe geantwortet hatte, beschlossen wir, den neuen Ballon selbst zu finanzieren. "Wenn schon, dann richtig" war unsere Devise - wenn wir schon selbst so viel Zeit und Geld investieren mussten, wollten wir einen Modellballon bauen, den man so nicht kaufen konnte.

Das Schicksal wollte es, dass uns ein Zeitungsfoto des großen Pinguin-Ballons in die Hände fiel, den der Zeichner Uli Stein nach seiner beliebten Cartoonfigur hatte bauen lassen, und so machten wir uns an die Arbeit. Wir hatten nicht den Hauch einer Ahnung, welche Auswirkungen diese Entscheidung haben sollte.

Werner beim Zeichnen der Pläne und Schablonen, was einen grossen Teil der Bauzeit von rund 250 Stunden in Anspruch nahm


Der erste Test im Wohnzimmer
Beim Ausschneiden der Segmente

Werner an der Nähmaschine


Am 5. Januar 1996 erblickte unser Pingu das Licht der Welt. Dieses ist eines der ersten Fotos, die überhaupt von ihm gemacht wurden, es entstand beim allerersten Aufrüsten.
Wir hatten noch überhaupt keine Ahnung, wie das Viech aussehen würde, und einiges gefiel uns dann auch tatsächlich nicht: Die Mundlinie, die Form des Kopfes und des Schnabels...
In der Eile hatten wir sogar den linken Fuss in eine Bauchnaht eingenäht...

Zwei Tage nach seiner Fertigstellung hatte der Pinguin dann beim Ballontreffen in Gosau am Dachstein Premiere - und getauft wurde er auch gleich. Was da so abging, könnt ihr auf der Ballontreffen-Seite unter "Gosau 1996" nachlesen.

Bei der Arbeit
Der Pinguin war noch nicht mal ganz fertig, da hatten wir schon das nächste Projekt im Kopf: Werner wollte herausfinden, wie klein man einen ferngesteuerten Modellballon eigentlich bauen konnte, um damit noch Wettbewerbe fahren zu können - nicht mehr als zwei Kilo sollte er wiegen. An Ostern 1996 haben wir die Hülle des D-DINO, nur sechs Kubikmeter groß, zusammengenäht. Der Korb war natürlich wieder von mir ;-)

Von nun an traten wir bei den Wettbewerben immer mit zwei Ballonen an - auch gegeneinander.

Eine ereignisreiche Zeit folgte, in der unser Bekannt- heitsgrad in Ballönerkreisen immer schneller anstieg. Wir waren an vielen Meetings, darunter in Dresden, wo es zum ersten Zusammentreffen unseres Pinguins mit seinem großen Vorbild kam - auch das Ballonteam, Uli Stein und sein Verleger Gerd Koch freuten sich riesig über den Nachwuchs ihres Ballons. Weitere "Familientreffen" mit den Uli Stein-Ballonen gab's in Weinfelden (Schweiz) und in Filzmoos am Dachstein (Österreich).
Familientreffen in Filzmoos

Im Sommer 1997 fanden in Pforzheim im Kulturhaus Osterfeld die "Schulkunsttage 97" statt, an denen sich das Kepler-Gymnasium mit dem Thema "Fliegen" beteiligte. Da mein Hobby inzwischen auch an meinem Gymnasium bekannt war, fragte mich ein Kunstlehrer, ob es nicht möglich wäre, für diese Veranstaltung einen Ballon zu bauen, der die Schule repräsentieren konnte. Wir hatten noch jede Menge blauen Ballonstoff übrig, und so entschieden wir uns für ein weisses Koordinatensystem mit Sternenhimmel plus dem Logo der Schule.

D-KEPLER
Als Korb sollte unser mittlerer dienen, die Hüllengrösse legten wir auf 26 m³ fest. Ich stellte dem begeisterten Lehrer 16 ausgeschnittene Ballonsegmente zur Verfügung, die er im BK-Unterricht von seinen Schülern bemalen ließ.

Danach hatte ich wiederum die Ehre, die Teile zusammenzuflicken und den Ballon fertigzustellen. Am Abend des 11. Juli 1997 konnte "D-KEPLER" schließlich im Innenhof des Kulturhauses Osterfeld in einen wolkenlosen Himmel steigen.

Wie jedes Jahr im Herbst besuchten wir auch 1997 wieder die Modellballonmeetings in Brigachtal und Altötting, und dabei befand Werner, dass die 25 Minuten Fahrtdauer seines D-DINO für Wettfahrten einfach etwas knapp waren. Die beiden Hüllen für unseren mittleren Korb, beide aus gebrauchtem Stoff genäht, fanden wir auch nicht wirklich aufregend, und so beschlossen wir: Eine neue Hülle muss her. Nur, wie sollte sie aussehen? Werner war für ein Bierglas, weil das nicht so aufwändig war. Ich war für einen Katzenkopf. Kinder lieben keine Biergläser. Kinder lieben kleine Tiere mit grossen Augen.

Ich sollte mich durchsetzen. Und uns einen Haufen Arbeit einhandeln...

Werner beim Löten

Indoor - Test
Werner beim Nähen

Im Garten
Beim Aufmalen der Haare

Nach rund 350 Stunden und unzähligen Korrekturen an Ohren und Schnauze war das Maunzerle dann soweit, dass wir es der Öffentlichkeit präsentieren konnten. Und obwohl die Näherei Werner manchmal den letzten Nerv ge-raubt hat, sind wir inzwischen froh, dass wir kein Bierglas gebaut haben. Aber was nicht ist, kann ja noch werden... ;-)

Im Juni 1998 wurde das Maunzerle bei der 2. Internationalen Montgolfiade am Donnersberg getauft. Und im August hat es in Landshut zum ersten Mal seine "Mami" getroffen. Unter "Ballontreffen" findet ihr die Bilder von den Events.

Danach ist es ruhiger geworden in unserer Ballonwerkstatt. 1999 war ein ziemlich anstrengendes Jahr - wir waren an so vielen Ballontreffen wie nie zuvor.
2000 waren es dann berufliche Veränderungen von Werner und nicht zuletzt der Beginn meines Studiums, was uns davon abhielt, unsere Modellballonflotte weiter zu expandieren. Das vielzitierte "lockere Studentenleben" blieb leider aus - Maschinenbau ist ein sehr stressiges und zeitintensives Studium, und so setzten wir unsere Prioritäten in den folgenden Jahren mehr auf den Besuch von Ballontreffen als auf die Konstruktion neuer Ballonhüllen.
Treffen der Katzen

Mittlerweile muss ich sagen, dass wir unseren Platz in der Welt der Ballonfahrer gefunden haben. Über die Jahre wurde der Pinguin zu unserem Markenzeichen und erlangte eine Bekannt- und Beliebtheit, die wir uns anfangs nie hätten träumen lassen.

Er öffnete uns Tür und Tor zu den begehrtesten Ballontreffen in Deutschland und im europäischen Ausland und ist auch weltweit einer der bekanntesten Modellballone - wenn nicht sogar der bekannteste überhaupt.

Ihm verdanken wir den Kontakt zu unzähligen netten Menschen, die wir auf Ballonveranstaltungen kennengelernt haben... uns würde ganz schön was fehlen ohne ihn!

Wie wird es weitergehen? Wir werden dem Pinguin treu bleiben, und auch den vielen Ballontreffen, von denen wir ein Teil geworden sind. Eines Tages werde ich sicherlich meine eigene Ballonpilotenlizenz in Angriff nehmen... und was wir uns sonst so als Nächstes einfallen lassen... lasst euch einfach überraschen... ;-)